Softwareentwicklung in agilen Teams stellt hohe Anforderungen an jedes einzelne Teammitglied. Während den fachlichen und technischen Skills für gewöhnlich die höchste Aufmerksamkeit gewidmet wird, fallen die Soft Skills naturgemäß mit schöner Regelmäßigkeit unter den Tisch. Das ist gleich aus mehreren Gründen paradox: Scrum dient nicht in erster Linie der Verwaltung von Tasks und deren termingerechter Umsetzung, sondern der Organisation des Teams, das mit der Umsetzung betraut ist. Das bringt zwangsläufig den Faktor „Mensch“ ins Spiel.
Im „Daily Scrum“ bleiben oft nicht mehr als fünfzehn Minuten, um die Befindlichkeit der Kollegen, schwelende Konflikte und Unstimmigkeiten im Team zu erfassen. Wer hier nicht eine gehörige Portion Empathie mitbringt, kann schnell mit Problemen konfrontiert werden. Zusammenarbeit ermöglicht erst wahre Teamfähigkeit und dazu gehören zielgerichtetes Feedback sowie Konfliktfähigkeit. Das sind die Themen für diesen zweiten Artikel aus unserer Soft Skills Reihe. Im ersten Teil ging es um Best Practices in der Kommunikation und Gesprächsführung.
Der Ursprung aller Konflikte zwischen mir und meinen Mitmenschen ist, dass ich nicht sage, was ich meine, und dass ich nicht tue, was ich sage.
Die Fähigkeit, sich einer Gruppe anderer Menschen nicht nur anzuschließen, sondern auch, sich in angemessenem Umfang in eine Gruppe einzuordnen, ist von zentraler Bedeutung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Dabei geht es darum, mit anderen Teammitgliedern und Stakeholdern zusammen sozial zu agieren und sich und sein Können im Sinne einer Gruppenaufgabe optimal einzubringen, egal ob Sie Softwarearchitekt:in, Entwickler:in, Scrum Master, Manager oder Product Owner (alle Geschlechter) sind. Eine Kultur der Zusammenarbeit sollte gefördert werden, in der fachliche und persönliche Auseinandersetzungen konstruktiv möglich sind.
Reflektion fördert erfolgreiche Zusammenarbeit
Zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit gehört es seinem Gegenüber ein offenes und ehrliches Feedback zu geben. Feedback ist ein wichtiger, entscheidender Teil der Kommunikation. Außerdem ist es wichtig, zwischen der Person und ihrer Rolle zu unterscheiden. Dadurch fühlt der Angesprochene sich nicht persönlich verletzt, sondern realisiert durch eine Reflexion, dass nicht er persönlich angegriffen wird, sondern die Rolle, die er gerade innehat.
Durch Feedback fördert man die Reflexion aus sich selbst und der Gruppe und verbessert so die Zusammenarbeit im Team. Man selbst teilt einem anderen mit, wie man ihn sieht und wie man ihn versteht. Feedback stellt aber auch einen Lernprozess dar. Durch das Feedback kann man selbst lernen und verstehen, wie andere einen wahrnehmen, wie man auf sie wirkt. Es ist somit zu unterscheiden zwischen Feedback geben und Feedback erhalten. Bei beiden Feedbackarten sind Regeln zu berücksichtigen.
Wie Sie richtig Feedback geben – und Feedback nehmen
Beim Feedback geben ist zunächst einmal zu festzustellen, ob das Feedback überhaupt erwünscht ist. Ist dies der Fall, dann sollte der Feedback-Nehmer bei den getroffenen Aussagen wertgeschätzt werden und die eigenen Empfindungen sollten als „Ich-Botschaft“ z. B. mit „Ich habe gesehen, dass…“ ausgedrückt werden. Hierbei gilt es zu beachten, niemals persönlich oder beleidigend zu werden und Verbesserungsvorschläge sowie Alternativen zum Verhalten des Feedbacknehmers anzubieten, die sich auch tatsächlich umsetzen lassen.
Der Feedbacknehmer muss sich im Vorfeld auch über einige Prinzipien bewusst sein. Er muss sich im Klaren sein, ob er für ein Feedback bereit ist. Ist dies der Fall, dann sollte er dem Feedback-Geber in aller Ruhe zuhören und ihm nicht ins Wort fallen. Lediglich Verständnisfragen sind erlaubt. Außerdem ist die Bereitschaft erforderlich, sich über das Gehörte Gedanken zu machen und danach zu entscheiden, was davon zukünftig im eigenen Verhalten umgesetzt werden soll. Als Feedbacknehmer sollte man auch immer seine Dankbarkeit dem Gesprächspartner gegenüber zum Ausdruck bringen.
Kühlen Kopf bewahren mit guter Konfliktfähigkeit
Konfliktfähigkeit – das heißt der Mut, Konflikte auszutragen, statt ihnen aus dem Weg zu gehen, und die Fähigkeit, sie zu einer tragfähigen Lösung zu führen. Sie sind als Softwarearchitekt:in, Teil des Entwicklungsteams oder Stakeholder in IT-Projekten aufeinander angewiesen und Ihre Soft Skills zur Konfliktlösung werden täglich gefordert. Dabei ist es wichtig, die eigene Wahrnehmung nicht als die alleinige „richtige“ Wahrheit anzusehen.
Die Einschränkung einer differenzierten Wahrnehmungsfähigkeit ist ein typisches Kennzeichen von eskalierenden Konflikten. Deshalb ist es notwendig, die eigene Wahrnehmung und damit auch verbunden die Interpretation der Ereignisse nicht absolut zu setzen, sondern einer Überprüfung und Korrektur zu unterwerfen und damit auch die eigenen Anteile am Konflikt zu erkennen. Die Bereitschaft hierfür ist bereits ein wichtiger Schritt zur Anerkennung von Rechten der anderen Konfliktpartei. Zusätzlich sollte die Lösung des Konflikts sich an den Interessen aller Beteiligten und allen Betroffenen orientieren. Es sollten Vorteile für möglichst alle Parteien geschaffen werde und großen Wert auf eine rationale Konfliktaustragung ohne Kontrollverlust gelegt werden. Außerdem ist es ratsam, eine dritte Partei mit einzubeziehen, wenn die Verhandlungen ins Stocken geraten und kein Fortschritt erkennbar ist.
Doch mit kühlem Kopf und guter Konfliktfähigkeit werden sie diese täglichen Herausforderungen meistern, denn wie schon der französischer Moralist Joseph Joubert sagte: „Das Ziel eines Konflikts oder einer Auseinandersetzung soll nicht der Sieg, sondern der Fortschritt sein.“
Was ist Ihre Meinung?
Welche weiteren Praxis-Tipps haben Sie zum Thema Feedback und Konfliktfähigkeit? Welches Thema darf auf keinen Fall in unserer Soft Skills Reihe fehlen? Schreiben Sie es gerne in die Kommentare. Wir freuen uns auf den Austausch!
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